Die Geheimnisse der Aufmerksamkeit und wieso Multitasking nicht funktioniert

Veröffentlicht am: in der Kategorie: Gehirn und Neurologie

Es gibt einige Geheimnisse über die Aufmerksamkeit und Multitasking. Eigentlich sind das keine Geheimnisse, es sind nur Eigenschaften die von vielen Menschen nicht gekannt und nicht ergründet werden. Je mehr wir selbst über die Aufmerksamkeit wissen, desto gezielter können wir uns konzentrieren und damit besser lernen.

Was jeder über Aufmerksamkeit wissen soll, also die Geheimnisse zum Thema Aufmerksamkeit.
Jeder, egal ob Student oder Schüler, Freiberufler oder Rentner hat sicherlich einiges über das Multitasking gelesen. Nach der Falle der Begeisterung kam die Praxis ins Spiel. Man hat von Multitasking gelesen und wollte es direkt ausprobieren.
Leider bei dem Testen hat sicherlich ein nach dem anderen feststellen dürfen, dass etwas anderes über Multitasking geschrieben wurde und etwas anderes, sagen wir mal, der Wahrheit entspricht.
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Nun Was hat das mit dem Thema Aufmerksamkeit zu tun? Ziemlich viel, denn die Alte Theorie über das Multitasking hat sämtliche Naturgesetze der Aufmerksamkeit verletzt, (falls nicht vergewaltigt). Ein Mensch kann, mit Betonung auf KANN, teilweise hier auch mit Betonung, einige Sachen gleichzeitig erledigen. Das gilt aber wie gesagt: er kann und er kann es teilweise tun. Immer mehr und immer schneller und immer alles gleichzeitig - das wird so nicht funktionieren. Vielleicht passt die Aussage das zum Blog: AllesGelingt nicht, aber ich will keinen hier in die falsche Ecke treiben.

Das Konzentrationsvermögen eines Menschen arbeitet auf Hochtouren - aber nur dann, wenn es auch zum Ausgleich die Möglichkeit zu Entspannung bekommt. Für mich als BWL'er ist der Vergleich eindeutig: Aufmerksamkeit ist eine Ware, eine Ressource, die Knapp ist. Sie kann sich zwar erneuern, allerdings braucht sie bestimmte Bedingungen dafür. Eine Auszeit, die jeder Mensch Braucht, damit er nicht verrückt wird, ist so eine Erneuerungsphase für die immer knapp werdende Ressource Aufmerksamkeit. Was die Aufmerksamkeit mit dem Lernen zu tun hat, habe ich im Eintrag: Aufmerksamkeit und schnelles Lernen, beschrieben.

Was passiert wenn man der Aufmerksamkeit keine Auszeit gönnt?
Mir sind bis jetzt nur drei Alternativen bekannt, die eintreten, wenn man einfach pausenlos auf Vollgas arbeitet. Das wären:

- Burn-Out,
- Depression
- und ADHS, bekannt als Aufmerksamkeitsdefizitstörung.

Die Letzte Alternative tritt bei Erwachsenen zwar selten, sie wird aber positiv mit zunehmendem Stress auf der Arbeit oder im Studium korrelieren. Ich schätze mal, man könnte das sogar mathematisch nachweisen.

In der Letzten "Wissen-Ausgabe" der Zeitschrift Die Zeit liest man einen Überschrift: "Aufmerksamkeit ist eine Währung, die gehandelt wird wie Gold". Diese Metapher trifft sehr gut zu. Nur nicht jeder Goldbesitzer geht sorgsam mit seinen Reserven um.

Man versteht den Begriff Aufmerksamkeit völlig anders, wenn man sich im Karen über dessen Herkunft ist. (Das ist sehr häufig so, vor allem wenn es um Wörter geht, die ihren Ursprung in dem Latein haben).

Was bedeutet aufmerksam sein und was ist Aufmerksamkeit?
Erstmal ist es wichtig zu unterscheiden, dass die Aufmerksamkeit in zwei Wege "funktionieren" kann. Zum Einen handelt es sich um die Aufmerksamkeit die man von anderen Menschen bekommt. Stellt man sich die mit Menschen gefüllte AllianzArena vor, oder Millionen von Fernsehzuschauer die auf DSDS Entscheidung warten, dann wird einem klar was ich meine. Aufmerksamkeit kann man bekommen - das kann jeder und das möchten auch überwiegend viele.

Aufmerksamkeit kann man auch schenken - bzw. auf etwas lenken. Dieses Thema ist passender für diese Seite. Schließlich geht es um einen Studentenblog (solange ich noch vor dem Abschluss stehe). Aufmerksamkeit kann man also auf ein bestimmtes Objekt lenken. Gleichzeitig wird diese von dem Objekt oder aber Person absorbiert. Ein Student muss sich die Mühe geben, um die Ausführungen und Berechnungen in VWL verwandten Fächern nachvollziehen und schließlich merken zu können.

Ich muss zugeben, wenn ich letzte Woche durch den Artikel in "Der Zeit" mit Aufmerksamkeit konfrontiert war, das erste woran ich gedacht habe war: die Aufmerksamkeit im Sinne von sich auf etwas konzentrieren. Dann las ich den Artikel und um so mehr war ich überrascht als der Autor mit der Aufmerksamkeit im Sinne von Aufmerksamkeit bekommen, begonnen hat. Die Irritation hilft beim Lernen ungemein. Denn später im Text entdeckte ich auch meine erste Assoziation zu Aufmerksamkeit. Der Autor ging nämlich über zum Thema: wie werde ich aufmerksamer und wie pflege ich meine Aufmerksamkeit auf etwas.
Der Anreiz um diesen Blog-Beitrag zu vergassen war also da.

An dieser Stelle sollte ich mich bei: Ulrich Schnabel, Elisabeth von Thadden, Michael Hagner, Werner Fleischer und andere "Die Zeit" Redakteure, die diesen wertvollen Beitrag verfasst haben. Ich freue mich, dass an diesem Tag nichts anderen "wichtigeres" passiert ist, wie beispielsweise die Erschießung von Osama bin Laden oder der Sieg von Borussia Dortmund. Denn wäre es so, würde der Artikel über die Aufmerksamkeit niemals als Titelgeschichte erschienen. Obwohl - ehrlich gesagt: auf die Titelseite passt nichts besser als eine ausführliche Reportage über Aufmerksamkeit. Das lädt die Aufmerksamkeit gerade zu um den Artikel zu lesen oder? Meine Aufmerksamkeit hatte der Artikel beraubt.

Zusammenspiel zwischen Informationsflut und Aufmerksamkeit.
Man kann die Aufmerksamkeit nicht gleichzeitig auf alles richten. In dem Moment, in dem man mit zu vielen Informationen zugeschüttet wird, schelltet sich der innere Selektionsmechanismus der Aufmerksamkeit an. Es kann nur bestimmte Bandbreite an Reizen bewältigen und nicht eine unbegrenzte. Daraus folgt, dass die Informationsflut die Aufmerksamkeit auffrisst. Die Begrenzte Verarbeitungs-Bandbreite hängt mit der zu Verarbeitung benötigten Zeit. Der Nobelpreisträger in der Ökonomie, Herbert Simon, untersuchte dieses Phänomen. Denn in einer bestimmten Zeitspanne nur eine begrenzte Menge von Informationen können im Arbeitsgedächtnis verarbeitet werden. Wer noch dazu behauptet, dass er Multitasking kann und mehrere komplexe Tätigkeiten gleichzeitig ausführen kann, der übertreibt ein bisschen.

Eine Überladung des Arbeitsspeichers kann zu einem Absturz des "Inneren Rechners" führen. In solchen Fällen diagnostizieren die Ärzte eine der drei oben genannten Krankheiten: Depression, Sufmerksamkeitsstörungdefizit oder aber ein Burn Out. Man füllt sich innerlich ausgebrannt, ist nicht mehr kreativ wie früher und allgemein hat einfach keine Lust etwas schöpferisches zu leisten.

Multitasking gibt es nicht, es wird durch die Aufmerksamkeit im Schach gehalten.
Der Umgang des Gehirns mit der Aufmerksamkeit lässt erkennen, dass es ein Phänomen wie Multitasking nicht funktionieren kann. Multitasking - also das Ausführen von mehreren Tätigkeiten gleichzeitig, funktioniert nur unter bestimmten Bedingungen. Wie wichtigste Voraussetzung hier ist: dass es sich bei den beiden Tätigkeiten um fest eingeprägte Abfolgen von Bewegungen handelt. Das wiederum bedeutet, dass man Multitasking nur körperliche Bewegungen anwenden kann. (Beispielsweise Autofahren und Rauchen gleichzeitig, oder Türschließen und eine Telefonnummer wählen im Handy).

Abschließend kann man sagen: die Aufmerksamkeit ist eine wunderbare Gabe. Gerichtet voll und ganz auf eine Tätigkeit ermöglicht uns sich alles zu merken was mit der ausgeführten Tätigkeit zu tun hat. Aufmerksamkeit ist aber eine einspurige Autobahn - die mehrere kognitive Tätigkeiten gleichzeitig nicht erlaubt. Körperliche Bewegungen können dagegen begrenzt gleichzeitig ausgeführt werden. So eine Art Multitasking, die keine Multitasking ist.