Ein gemischter Vertrag mit kauf-, dienst- und werkvertragsähnlichen Handlungen

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Ein gemischter Vertrag mit kauf-, dienst- und werkvertragsähnlichen Handlungen, Fälle BGB, Zivilrecht.

Fall 1
Der Student S bestellte in einem feinen Restaurant einen „Cogniac“ , nicht wissend was das eigentlich ist. Er dachte dass „Cogniac“ ein deutscher Weinbrand wäre. Als er die Rechnung erhält, ist er überrascht und will nicht zahlen. Der Kellner K erklärt ihn auf, trotzdem will der Student S nicht zahlen. Zu Recht ?


In diesem Einsteigerfall spielt die Hauptrolle der Primäranspruch – der Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises. Zu beachten ist folgendes: Da auf den ersten Blick in diesem Fall nur 2 Personen, nämlich der S und der K, vorkommen, könnte sich um ein Rechtsgeschäft zwischen S und K handeln. Man muss jedoch beachten, dass der K lediglich nur der Eingestellte im Restaurant ist (Stellvertretung nach § 164 BGB) und er alle Geschäfte im Namen des Restaurantinhabers tätigt – nennen wir den I.

Es handelt sich also um ein Rechtsgeschäft zwischen dem Inhaber I und dem Studenten S.
Was für ein Rechtsgeschäft?
In solchen Fällen kommt ein gemischter Vertrag zu Stande. Die Bestellung in einem Restaurant ist kein reiner Kaufvertrag, denn er besteht aus mehreren unterschiedlichen vertragsähnlichen Handlungen wie Kauf-, Dienst-, Miet- und Werkvertrag.
Hier noch mal aufgeteilt:
- Kaufvertrag: Kauf der Speise (Spirituosen),
- Dienstvertrag – Bedienung des Kunden
- Mietvertrag – Vermietung von Sachen wie: Geschirr, Tisch, Stuhl,
- Werkvertrag – (in diesem Fall nicht relevant, aber trifft zu sobald der Kunde eine spezielle Speise bestellt: wie z.B. ein englisch gebratenes Steak mit Beilagesalat, Kartoffeln und so weiter).

Manchmal muss man auch den § 701 BGB aufschlagen wenn es um Gaststeten geht, in diesem Fall ist das jedoch nicht erforderlich.

Vorliegend handelt es sich um einen gemischten Vertrag.
Primäranspruch : Kaufpreiszahlung nach § 433 Abs.II. BGB
Normalerweise in Gaststeten-Fällen wird auch der § 651 I BGB genannt. Hier spielt er jedoch keine Rolle da der „Cogniac“ nicht vom Gaststeteninhaber selbst hergestellt wird, sondern fertig gekauft und ausgeschenkt wird. § 651 I BGB betrifft dagegen Verträge, die die Lieferung von herzustellender oder zu erzeugender beweglichen Sachen zum Gegenstand haben.


Voraussetzung: wirksamer Kaufvertrag.
Kaufvertrag kommt durch zwei übereinstimmende, miteinander korrespondierende Willenserklärungen zu Stande: Angebot und Annahme.
Was ist in diesem Fall eigentlich das Angebot? wer bietet An? Der Student oder der Restaurantinhaber?
Da die Speisekarte der Restaurantinhabers eine reine „Invitatio ad offerendum“ – Aufforderung zur Angebotsabgabe ist, sollte man die Bestellung des S als Angebot qualifizieren. Hinzukommt, dass Angebot immer zuerst geäußert wird. Und zu erst hat die der S den Cogniac bestellt.


Die Prüfung des Angebots:

Hat hier der S ein wirksames Angebot abgegeben?
Objektiver Tatbestand : zweifelsfrei erfüllt: Für einen Objektiven Beobachter hat die der S Cogniac bestellt.
Subjektiver Tatbestand:
- Handlungswille: vorhanden – fast immer unstreitig. Ausnahmen nur bei bloßen Reflexen, oder Handeln im Schlaf.
- Erklärungsbewusstsein: auch vorhanden : der S wollte irgend etwas rechtlich erhebliches herbeiführen.
- Geschäftswille: hier problematisch – vorhanden aber auf einen völlig anderen Gegenstand, nämlich auf Brandwein und nicht auf Cogniac.


Nach § 133 BGB und § 157 BGB
Hier sollte man aus dem „objektiven Empfängerhorizont schauen“ – und feststellen, dass für einen objektiven Beobachter der S einen Cogniac und keinen Weinbrand bestellt hat.
Der Kellner hat nach § 164 BGB mit Vollmacht gehandelt und das Angebot des S angenommen.
Der Anspruch auf die Kaufpreiszahlung also entstanden.
Weiterhin kommt die Anfechtung in Frage, denn der S ja keinen Cogniac wollte.
Wirkung der Anfechtung regelt § 142 BGB – Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts.


Bei der Anfechtungsprüfung sollte man folgendes beachten:
- Anfechtungserklärung nach $ 142 I und II BGB – obwohl der S nicht ausdrücklich erklärt hat, dass er anfechte, ist hier die Erklärung gegeben. Er will ja nicht zahlen – darin ist also die Anfechtungserklärung ersichtlich.
- Anfechtungsgrund: Irrtum gem. § 119 I 1 Alt. BGB - hier liegt eine Divergenz vor, da der S etwas anderes bestellt hat als er wirklich wollte.
- Anfechtungsfrist : unverzüglich – dies ist auch geschehen.


Anfechtungsvoraussetzungen sind also erfüllt, nun ist der S Schadenersatzpflichtig nach § 122 I BGB – er muss dem Inhaber den Vertrauensschaden ersetzen. Er (der I) kann nichts dafür, dass der S nicht genau weiß was ein Cogniac und was ein Brandwein ist.