Ethische Grundlagen der Internetkommunikation: Netiquette vs. Freestyle

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Ethisches Verhalten ist in jeder Lebenslage (auch im Internet) und bei der Kommunikaton vorteilhafter und auch angebracht. Das hier ist ein mutiger Versuch auch Freestyle Verhalten zu promoten. (Das war zumindest die Absicht des Seminars)

Kommunikation im Internet: Netiquelle oder doch lieber Freestyle? Manchen mag dieses Thema irrelevant vorkommen. Es ist doch selbstverständlich, dass man auch im Internet "vernünftg" kommuniziert und sich an klare Regeln hält. Nun so ganz selbstverständlich ist das nicht. Ich stelle zwei Positionen vor: ein mal für das Ethische verhalten und ein mal gegen die Ethik im Internet. Das bedeutet gleichzeitig: die eine Perspektive begünstigt die Netiquette, die andere Perstpektive begünstigt wiederum Freestyle Verhalten. Komischer Weise lassen sich genügend Vor- und Nachteile für BEIDE Perspektiven finden ;)

Definition Netiquette

Netiquette - Gesamtheit der Regeln für soziales Kommunikationsverhalten im Internet (Duden)

  • Die Netiquette regelt das Verhalten in Computernetzwerken bzw. im Internet. Sie ist gewissermaßen der "Knigge" für das Kommunizieren, Interagieren, den Umgang miteinander in Communities, in Diskussionsforen, in Chats und im E-Mail-Verkehr und zielt auf ein verantwortungsvolles Verhalten im virtuellen Raum insgesamt. (Wirtschaftslexikon Gabler).

  • Begriff: Die Netiquette regelt - wie der Begriff, eine Zusammenziehung aus "Net" ("Netz") und "Etiquette" ("Etikette"), schon andeutet - das Verhalten in Computernetzwerken bzw. im Internet. Sie ist gewissermaßen der "Knigge" für das Kommunizieren, Interagieren, den Umgang miteinander in Communities, in Diskussionsforen, in Chats und im E-Mail-Verkehr und zielt auf ein verantwortungsvolles Verhalten im virtuellen Raum insgesamt. Da keine allgemein anerkannte Version besteht, muss man eigentlich im Plural sprechen. Netiquetten verbieten Beleidigungen und Verfolgungen (Cybermobbing und -stalking), rassistische und sexistische Äußerungen oder die Aufforderung zu kriminellen Handlungen. (Wirtschaftslexikon Gabler).

Anstatt Netiquette - lieber „demokratische" Kommunikation. Jeder ist in dem Ausmaß frei, in dem er andere nicht negativ beeinträchtigt. Meine Freiheit endet, da wo die Freiheit eines anderen beginnt.

Zu viele verschiedene Netiquette's für beinah jede Tätigkeit: Foren, Usenet - Netiquette Chat - Chatiquette Telefon - Telefonnetiquette

Selbstverständlich ist, wie bereits ausgeführt, medienbedingt eine komplette Übernahme der Höflichkeitsrituale, wie zum Beispiel das Händeschütteln, nicht möglich. Dennoch suchen sich die Teilnehmer Ersatzrituale, die in ihrer Gesellschaft Chat gelten sollen. So möchte ich den Chat als Teil der virtuellen Welt gerne auch als eine internet community betrachten. Quelle: http://www.jessicabreidbach.de/von-netiquette-und-chatiquette-umgangsformen-im-internet

Freestyle Kommunikation und Verhalten im Internet

  • Meinungsfreiheit soll gewährleistet werden.

  • Freiheit der persönlichen Entfaltung,

  • Netiquette ist eine Form der Zensur, in kommunistischen Regimen wird auch alles geregelt, vorgeschrieben und überwacht.

  • im realen Leben wird die Etikette manchmal auch nicht eingehalten, (bei rassistischen oder aggressiven Äußerungen)

  • Was ist der Sinn extra eine spezielle Regel zu entwerfen, wenn man die simplen gesellschaftlichen Normen übernehmen könnte. Internet ist nicht so extrem-speziell, dass dafür nur Internet-Kommunikation gibt.

  • Wie will man die Einhaltung der Netiquette gewährleisten, wenn jeder Satz kontrolliert werden müsste.

  • Netiquette impliziert, dass sich die neuen Nutzer negativ verhalten und erst mit Regeln und mit einer Art Ermahnung werden sie fähig Gruppen-Konforme Kommunikation zu führen. Das funktioniert nach dem Negativ-Prinzip. Er wird angenommen jeder ist grundsätzlich nicht positiv und muss erst in eine positive „Stimmung" gebracht werden. Dadurch fühlen sich die Nutzer womöglich benachteiligt, unbeachtet oder sogar verachtet. Das ist der Grund wieso schon durch Kleinigkeiten die geltende Netiquette links liegen gelassen wird und sich die Nutzer „schlecht" verhalten.

  • Würde man den Nutzern von Anfang an ein vernünftiges und positives Benehmen zutrauen, könnte die Online-Kommunikation Welt ganz anders aussehen. In den meisten Fällen passiert folgendes: auf positives Verhalten antwortet man mit positiver Haltung. Wer ein Geschäft betritt, dem wird nicht unterstellt, dass er klauen will, sondern, dass er seien Gang durch den Laden fortsetzt, sich die Sachen aussucht, die er braucht und diese dann an der Kasse bezahlt. So funktioniert simples Einkaufen. Man braucht nicht zwingend einen Einkaufskorb, es reicht die Ware aus dem Regal zu entnehmen (sogar in die eigene Tasche zu stecken) und dann an der Kasse auszupacken um sie zu bezahlen. Wenn wir uns eine Welt vorstellen, in der vor dem Betreten des Ladens jedem klar gemach werden muss, das er dort nicht stehlen darf, würde kaum einer einkaufen gehen. Wird einer ehrlichen Person unterstellt, dass sie klaut, so vergeht ihr die Lust auf den Einkauf in diesem Geschäft.

  • Die Netiquette scheint wie ein aufgezwungenes Regelsystem zu sein. Das brauchen die Menschen nicht, denn grundsätzlich sind alle Menschen gutmutig.

Artikel 5 Grundgesetz Meinungsfreiheit ist im Grundgesetzt an der fünften Stelle verankert. Sie eröffnet die Möglichkeiten anstatt sie zu beschränken. Jeder hat das Recht seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern. Regeln wie Netiquetts für das Internet beschränken unnötig diesen vom Artikel 5 eröffneten Raum.

Stimmigkeit / Kohärenz

Menschen streben nach einem balancierten Leben. Sobald alle wichtigen Bedürfnisse befriedigt sind, dazu gehört auch die Möglichkeit das zu Äußern was man gerade Denkt, empfindet man ein Gefühl tiefer Zufriedenheit. In einer Situation in der eine Meinung erwartet wird, in der etwas geäußert werden muss, kann es dazu kommen, dass durch den Regelzwang wird man dazu getrieben Äußerungen von sich zu geben, die mit den wahren Empfindungen nicht viel zu tun haben.

Es wird anstatt der Wahrheit, eine Fassade erwartet, wo von vorne geklärt ist, dass eine Äußerung nicht der Wahrheit entspricht sondern einer künstlichen Fassade. Ein solches Verhalten führt auf Dauer zu einem unbequemen Gefühl der Unstimmigkeit oder der Fremdbestimmung. Man ist nicht mehr der Herr über das eigene Ich.

In extrem ausgeprägter Form sieht man das Phänomen bei Hochstaplern. Hochstapler sind Menschen die eine Fassade aus Lügen aufbauen die dermaßen groß ist, dass sie sich selbst nicht mehr erhalten kann und mit der Zeit in sich zusammenfällt. Der Zusammenfall von solchen Gebilden entsteht auf zwei Arten. Zum kann eine solche Fassade aus Unwahrheiten von Dritten aufgedeckt werden.

Zum anderen hält der Hochstapler den inneren Druck der vorgetäuschten Tatsachen nicht mehr aus und er stellt sich, und offenbart sein wahres ich. Was zu Beginn als eigenwillige Maßnahme noch als spannend und anmutend galt, verwandelte sich mit der Zeit in ein unerträgliches Gerüst, der kaum zu ertragen ist. Das ist ein hervorragendes Beispiel einer innerlichen Inkohärenz.

Auf lange Sicht tendiert alles zur Wahrheit und zum Guten.

Eine freestyle Kommunikation im Internet könnte möglicherweise ein Phänomen in Gang setzen, das ausschließlich positive Wirkungen hervorrufen würde. Dass die Kommunikation frei von Netiquette Regeln erfolgt, bedeutet es noch lange nicht, dass sie negativ konnotiert sein muss. Personen die kommunizieren schätzen permanent die Folgen ihrer Kommunikation ein. Eine aggressive, herablassende oder gar beleidigende Äußerung bewirkt eine ähnlich konnotierte Antwort.

Diese Antwort möchte man ungern hören und schon aus diesem Grund verzichten viele auf rustikalen Umgang miteinander. Des Weiteren wird man in der Gesellschaft als Asozial abgestempelt, sobald man beginnt alle zu beleidigen. Deshalb tun dies sehr wenige Menschen. Die die es tun bekommen die negativen Folgen unmittelbar zu spüren.

Ein gutes Beispiel für grundsätzlich positiven Umgang miteinander auch wenn man die Regeln überhaupt nicht kennt ist Reisen in fremde Länder und Kulturen. Obwohl wir die Bräuche und Sitten der fremden Länder nicht kennen, begehen wir keine kommunikativen Delikte. Wir verhaltne uns einfach normal, freundlich, und den Menschen gegenüber positiv anstatt negativ. Paul Watzlawick beschreibt, dass die Kommunikation in der Regel nicht gelingt. Teilweise ist Misslingen der Kommunikation

Hausregeln für jede Facebook-Fanseite?

Immer wieder trifft man auf Facebookseiten auf Netiquette-Subseiten (teilweise auch Hausregeln, Houserules oder Spielregeln genannt), die den Umgang auf der Facebookseite regeln sollen. Unternehmen versuchen so, Spielregeln für die Sprachregelung auf der Pinnwand zu definieren, festzulegen, was akzeptiert und was nicht geduldet wird. Viele Kunden sprechen mich in Workshops und Seminaren immer wieder auf das Thema "Netiquette" an und sind von der Idee eine eigene Netiquetteseite zu betreiben quasi besessen.

Netiquette für die Regulierung (Zensur) von Pinnwandnachrichten?

Einige Unternehmen nutzen diese Netiquette, bzw. die Regelungen, um allfällige missbräuchliche (oder vielleicht auch unangenehme) Postings löschen zu können, andere Unternehmen möchten sich allenfalls einfach nur absichern (vielleicht weil es die Rechtsabteilung empfohlen hat).

Ist eine Netiquette sinnvoll?

Nein, die meisten Punkte, welche in einer Netiquette normalerweise enthalten sind, werden durch die Nutzungsbedingungen von Facebook unter Punkt 3 (Safety / Sicherheit) komplett abgedeckt. Eine weitere Regulierung der Inhalte die über die Nutzungsbedingungen von Facebook hinausgehen, sind gemäß den Nutzungsbedignungen für Facebookseiten (Facebook Pages Terms) untersagt:

9. You may not establish terms beyond those set forth in these terms to govern the posting of content by users on a Page.

Im weiteren dürfte eine Netiquette so oder so keinen Mehrwert bieten, grundsätzlich wird der Benutzer unabhängig von den aufgestellten Regelungen posten, was ihm beliebt...

Eine Netiquette für Facebook hat also keinerlei Sinn. Quelle: http://www.thomashutter.com/index.php/2011/10/facebook-netiquette-fur-facebookseite/

Studie diesmal ohne Netiquette

Kramer et al. http://www.pnas.org/content/111/24/8788

Die Studie entstand im Zusammenarbeit von Cornell University (New York, Ithaca), University of California und Facebook. Untersuchungsumfang: 689.003 Personen, Emotionaler Zustand kann auf andere Personen übertragen werden, ohne dass diese an den negativen Ereignissen teilgenommen haben. Das Phänomen heißt „emotional contagion". Emotionen sind ansteckend - sowohl positive als auch negative. Die Studie wurde 2012 durchgeführt und zwar ohne die beteiligten um Erlaubnis zu fragen. Im Prinzip wussten die Teilnehmer der Studie nicht, dass sie gerade an einer Studie beteiligt sind. Dadurch war es möglich die unverfälschte „Wahrheit" herauszufinden.

Möchte man eine solche Studie nach allen Netiquette Regeln durchführen, dann mussten womöglich mehrere Millionen Personen um eine Zustimmung gefragt werden, von denen knapp 700.000 der Teilnahme zustimmen würde. Alleine durch die Zustimmung wären die Teilnehmer beeinflusst - was keine „sauberen" Ergebnisse liefern würde.

Netiquette fördert das Entstehen von Tabu-Themen. Durch Tabu-Themen werden manchmal wichtige Lebensbereiche nicht angesprochen, dadurch nicht untersucht, nicht kommuniziert was zu einer Themen-Ignoranz führt. Der allgemeine Wissensstand zu diesem Thema ist dann sehr beschränkt. Ein gutes Beispiel dazu ist: das Buch „Darm mit Charme" in dem eine Medizinstudentin mit Hilfe eines amüsantes Sprachstils die Reise und Abenteuer der Nahrung durch den Verdauungstrakt beschreibt. Das Buch ist lehrreich und betrifft ob man das will oder nicht - jeden Menschen, ohne Ausnahme. Ignoranz gegenüber lebenswichtigen Themen kann manchmal ungesund sein.

Politischer Ascher-Mittwoch ist auch ein gutes Beispiel dafür, dass sogar die Politiker das Bedürfnis haben sich die nackte Wahrheit zu sagen. Am Ende muss sowieso jeder selbst entscheiden, in welchem Stil er seine Internetkommunkation führt.

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Autor: Krzysztof