Wie finanzierte sich ein Kloster im Mittelalter? Wie wurde es verwaltet? Wie setzte der Abt im Falle eines Konflikts seine Ansprüche durch? Wie stellte er den Lebensunterhalt der Mönche sicher? Wie sicherte er ihre Einkünfte? - Diesen (und anderen) Fragen nach dem Alltag der klösterlichen Wirtschaftsführung im Mittelalter will das Seminar am Beispiel des Klosters Niederaltaich nachgehen. Das Kloster Niederaltaich, in Niederbayern an der Donau im heutigen Landkreis Deggendorf gelegen, gilt als die älteste bayerische Benediktinerabtei überhaupt. Zu den glanzvollsten Epochen des Klosters zählen die drei Jahrzehnte um die Mitte des 13. Jahrhunderts an der Wende vom hohen zum späten Mittelalter, als Abt Hermann von Niederaltaich (1242-1273) der Abtei vorstand und sowohl tatkräftig ihre Wirtschaftsführung reformierte als auch energisch ihre ökonomischen Grundlagen sicherte. Davon zeugen noch heute das fulminante Corpus klösterlicher Urkunden und die im Original erhaltenen Besitzverzeichnisse (Urbare), die seit kurzem in zuverlässigen Editionen von Josef Klose vorliegen. Sie geben einen vorzüglichen Einblick in die Grundherrschaft einer mittelalterlichen Abtei und lassen zugleich die Schwierigkeiten der Klöster erkennen, ihre Besitzrechte durchzusetzen. Die Quellen erlauben, dem Abt gleichsam über die Schulter zu schauen, wenn er sich mit zahlungsunwilligen Hintersassen ebenso herumzuschlagen hat wie mit mißgünstigen weltlichen Adligen, die das Kloster bedrängen, oder wenn er mit dem Ortsbischof und den Herrschern zurechtkommen mußte. Doch nicht nur der ökonomischen Grundlagen seines Klosters hat sich Abt Hermann von Niederaltaich vergewissert, sondern auch der Vergangenheit seiner Abtei und ihrer Geschichte (Katharina Colberg); deshalb gilt er als einer der wichtigsten Geschichtsschreiber des Interregnum. - Im Mittelpunkt des Seminars wird die gemeinsame Lektüre ausgewählter (und zumeist kurzer) wirtschaftsgeschichtlicher Quellen ggf. auch in der Originalsprache stehen. Denn die gemeinsame Quellenlektüre, sofern man sich auf sie einläßt, ist weniger eine überflüssige Last als vielmehr eine höchst reizvolle und spannende Aufgabe.
Katharina Colberg: »Hermann von Niederaltaich«, in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, 2. Aufl., Bd. 3 (1981) Sp. 1076-1080. - Josef Klose: Die Urbare Abt Hermanns von Niederalteich, 2 Bde. (Quellen und Erörterungen zur Bayerischen Geschichte NF 43/1-2), München 2003. - Die Urkunden Abt Hermanns von Niederaltaich (1242-1273), ed. Josef Klose (Quellen und Erörterungen zur Bayerischen Geschichte NF 43/4), München 2010. Geschichte - Mittlere und Neuere Geschichte Von allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern werden die regelmäßige Mitarbeit und die mündliche Beteiligung sowie die Vorbereitung von Sitzung zu Sitzung einschließlich kleinerer Hausaufgaben erwartet. Die Studienleistung wird entweder bei nachträglicher Überprüfung der Übersetzung einer im Seminar bereits besprochenen Quelle oder aufgrund einer eigenständigen Quelleninterpretation bescheinigt; unter Umständen ist auch die Übernahme eines Kurzreferates möglich, zu dem eine Tischvorlage anzufertigen ist. Für die Bescheinigung der Prüfungsleistung sind die Anfertigung eines Quellenkommentars oder die schriftliche Ausarbeitung des Referates erforderlich. Universität Siegen SoSe 2014 Dr. des. Schuffels Christian
Kommentare