Zombies Trolleys und Gehirne im Tank Philosophie zwischen Analyse und Experiment

Zu den immer wieder diskutierten Fragen der Philosophie gehört auch, was Philosophie eigentlich ist, auf welche Methoden sie zurückgreifen kann und wie wir jenseits der empirischen Wissenschaften zu (philosophischem) Wissen gelangen können. In diesem Zusammenhang wird Philosophie manchmal als eine Art Metawissenschaft bezeichnet: eine rationale Tätigkeit zweiter Stufe, deren Gegenstand die rationalen Tätigkeiten der einzelnen Wissenschaften (inklusive der Philosophie selbst) in ihrer Auseinandersetzung mit bestimmten Aspekten unserer Selbst- und Welterfahrung bilden. In dieser Metaperspektive geht es dem Philosophen weniger (oder nur indirekt) um die Wahrheit oder Falschheit bestimmter wissenschaftlicher, metaphysischer oder auch ethischer Hypothesen als vielmehr um deren Bedeutung und Genese: Was hieße es beispielsweise zu sagen, das Mentale sei identisch mit dem Physischen? Wie könnte überhaupt etwas, das nicht-räumlich und nur subjektiv zugänglich ist, identisch mit etwas sein, das räumlich ausgedehnt und objektiv zugänglich ist? Was bedeutet es, eine Handlung oder Unterlassung moralisch gutzuheißen? Wie kommen wir zu unseren moralischen Urteilen und wie konsequent behandeln wir ähnliche Fälle? Sowohl bei der Klärung einzelner Begriffe als auch bei der Wahl miteinander konkurrierender philosophischer Theorien spielen Gedankenexperimente immer wieder eine wichtige Rolle: hypothetische Szenarien, die uns herausfordern, auch zu möglicherweise abwegigen Konsequenzen unserer theoretischen Überzeugungen Stellung zu beziehen. Mit Blick auf die These der Identität von Mentalem und Physischen überlegt man z.B., ob fiktive Wesen, die in allen physischen Details von realen Menschen nicht zu unterscheiden wären, bewusstseinslose Zombies' sein könnten und damit das Mentale und das Physische doch auseinanderfielen. Angesichts der Frage, ob es gerechtfertigt wäre, eine Straßenbahn, die fünf Gleisarbeiter zu überrollen droht, auf ein anderes Gleis umzulenken, wo sie lediglich einen Arbeiter töten wird, werden deontologische und utilitaristische Prinzipien gegeneinander in Stellung gebracht. Grundsätzliche Zweifel an der Bedeutung und Bezugnahme unserer sprachlichen Ausdrücke werden geweckt, wenn wir uns ausmalen, die Außenwelt, wie wir sie wahrnehmen, würde nicht existieren und wir wären lediglich Gehirne im Tank, denen eine äußere Realität vorgegaukelt wird. Solche hypothetischen Szenarien sollen semantische oder auch moralische Intuitionen zutage fördern und manchmal deren Widersprüchlichkeit aufdecken. Sie sollen Grenzfälle unserer Begriffsverwendung auskundschaften und uns dazu bringen, nach den Prinzipien hinter unseren spontanen Urteilen zu fragen. Dabei ist allerdings alles andere als klar, wie Gedankenexperimente genau funktionieren: welche Struktur sie haben, wie beweiskräftig sie sind, und wie sie uns, wo sie doch nur in der Vorstellung ablaufen, überhaupt helfen können, etwas Neues herauszufinden. Nicht zuletzt aufgrund des ungeklärten epistemischen Status von Gedankenexperimenten ist die Methode der Begriffsanalyse, für die die Erwägung hypothetischer Fälle der Begriffsverwendung wichtiger Bestandteil ist, insgesamt in den letzten Jahren vermehrt in Verruf geraten: Eine Reihe von Autoren kritisieren die sogenannte Lehnstuhl-Philosophie, die glaubt, philosophische Theorien auf der Grundlage von A-priori-Argumenten und dem Appell an begriffliche Intuitionen entwickeln zu können, und wollen ihr eine experimentelle Philosophie' (X-Phi') entgegensetzen, die sich stärker an den empirischen Methoden der Naturwissenschaften orientiert. Im Seminar werden wir die Rolle von analytischen und experimentellen Verfahren für die Philosophie beleuchten und anhand klassisch gewordener Gedankenexperimente die möglichen Hinsichten unterscheiden, in denen intuitive Urteile für philosophische Theorien relevant werden können.

Hommen, David , Dr. Universität Düsseldorf WiSe 2016/17 Albersmeier Frauke