Fernabsatzvertrag gem. § 312 b BGB, Falllösung - Gutachten

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Ein schwieriger Fall mit Problemkreisen wie; Fernabsatzverträg, Zugang der Annahme bei Automatisch verfassten E-Mails.

Lösung des Falles mit Schwerpunkten : Zustandekommen eines Vertrages beim Internetkauf, Angebot und Annahme, Anfechtung & 119 I BGB, Erklärungsirrtum, Fernabsatzvertrag gem. § 312 b BGB
Den Sachverhalt findet Ihr hier im Blog unter : Internetkauf.

Gutachten.

I. Herausgabeanspruch aus § 985 BGB


V könnte gegen K einen Anspruch aus § 985 BGB auf Herausgabe des Notebooks haben.
K müsste dann Besitzer und V Eigentümer des Notebooks sein.
Besitzer ist wer den tatsächlichen Gewalt über die Sache ausübt.
Das Notebook ist eine Sache im Sinne des § 90 BGB und es wurde auch dem K zugesandt. Somit befindet sich das Notebook im Gewaltbereich des K. Damit ist K Besitzer des Rechners geworden.

V müsste dann Eigentümer des Notebooks sein. Ursprünglich war V Eigentümer des Notebooks, er könnte jedoch sein Eigentum gemäß Â§ 929 S.1 BGBverloren haben. Laut § 929 S.1 BGB geht das Eigentum vom Eigentümer auf den Erwerber über wenn sowohl Eigentümer als auch Erwerber sich darüber geeinigt haben, dass das Eigentum übergehen soll. Durch das Versenden des Notebooks ist hier die Einigung konkludent erfolgt. Somit hat V sein Eigentum am Notebook verloren. Folgend ist V kein Eigentümer mehr. Damit sind die Voraussetzungen des § 929 S1. BGB gegeben.

Ergebnis: V hat keinen Herausgabeanspruch des Notebooks gemäß Â§ 985 BGB.

II. Anspruch aus ungerechtfertigter Bereichung gem. § 812 I 1. BGB.

V könnte einen Anspruch gegen K aus § 812 I 1. BGB auf Herausgabe des Notebooks haben.
Hierzu müsste K etwas durch die Leistung des V und ohne Rechtsgrund erlangt haben.
Erlangtes etwas ist jeder vermögenswerter Vorteil. Im vorliegenden Fall hat K das Eigentum am Notebook erlangt. Er hat also „etwas" im sinne von § 812 I 1.
Zu prüfen ist ob K das Eigentum durch die Leistung des V erlangt hat.
Leistung - ist zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. V wollte seinen Pflichten aus dem Kaufvertrag nachkommen, er hat also zweckgerichtet gehandelt. Er müsste also das Vermögen des K vermehrt haben. In dem Er dem K das Notebook zugeschickt hat, hat er sein Vermögen vermehrt.
Weiterhin müsste V ohne rechtlichen Grund gehandelt haben
Der rechtliche Grund kann in einem wirksam geschlossenen Kaufvertrag gemäß Â§ 433 I , II.
Ein wirksamer Kaufvertrag kommt durch zwei übereinstimmende, miteinander korrespondierende Willenserklärungen zustande. Zu prüfen ist, ob die Internetseite des V ein wirksames Angebot im Sinne des § 145 BGB ist.
Angebot liegt vor, wenn alle wesentlichen Bestandteile dieser Willenserklärung gegeben sind (Essentialia negotii) und die Gegenseite nur noch durch bloßes „Ja" zustimmen muss.
Für einen objektiven Dritten ist die Internetseite des V ein Angebot, denn sie lässt darauf schließen, dass der V seine Produkte zum Kauf anbieten möchte.
Für eine wirksame Willenserklärung sind jedoch noch weitere Komponente erforderlich - Handlungswille, Erklärungsbewusstsein und der Geschäftswille.
Der V hat willentlich die Seite im Internet eingerichtet um auf diese Art und Weise seine Produkte zu veräußern. Somit ist der Handlungswille gegeben. Weiterhin müsste V mit seiner Erklärung irgendeinen Rechtlichen erfolg herbeiführen wollen. Das Onlineangebot war dafür ausgerichtet, dass mehrere Kunden Kaufverträge mit V abschließen. Somit ist die zweite Voraussetzung, Erklärungsbewusstsein auch gegeben.
Zu prüfen ist noch ob V mit Geschäftswillen gehandelt hat.
Rechtsbindungswille ist gegeben wenn der Handelnde einen bestimmten und konkreten rechtlichen erfolg herbeiführen möchte. In diesem Fall wäre es möglich, dass der V möglichst viele Produkte von seinem Onlineshop verkauft. Dagegen spricht, dass in diesem Falle V mit jedem der sein Angebot angenommen hat einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen hätte. Und das genau will er vermeiden und zwar aus mehreren Gründen. Zum einen will V seinen Käuferkreis selbst bestimmen können. Und zum anderen, seine Vorräte sind begrenzt und er will sich nur insofern binden wollen, in dem er die Ware noch auf Lager hat. Unter Berücksichtigung der Normen §§ 133 und 157 BGB kann dem V nicht zugemutet werden, dass er mit jedem Kunden der einwilligt, einen wirksamen Kaufvertrag schießt. Folglich fehlt es dem V an Geschäftswillen. Seine Internetseite kann nicht als Angebot qualifiziert werden. Der Onlineshop stellt lediglich Invitatio ad offerendum dar - also eine Einladung zur Abgabe von Angeboten. Diese Offerte ist an einen unbestimmten Kreis von Personen gerichtet (offerta ad incertas personas).


Somit liegt kein Angebot des V vor.
Es ist folglich zu prüfen ob K ein Angebot abgegeben hat. K könnte ein wirksames Angebot abgegeben haben in dem er das Notebook im Shop des V bestellte.

Es könnte sich hier um einen Fernabsatzvertrag gemäß Â§ 312 b BGB handeln.
Gemäß dieser Norm wird ein Fernabsatzvertrag vereinbart wenn ein Unternehmer und ein Verbraucher sich über den Kauf einer Sache mittels Verwendung ausschließlich von Fernkommunikationsmitteln einigen.
Hierzu müsste V Unternehmer sein. Gemäß Â§ 14 I BGB ist Unternehmer wer in Ausübung der gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit Verträge abschließt.
Gewerblich handelt wer offen, planmäßig, selbständig, erlaubt, nicht künstlerisch, wissenschaftlich oder freiberuflich, und mit Gewinnabsicht tätig ist. V betreibt selbständig einen auf Gewinnerzielung gerichteten Onlineshop. Diese Tätigkeit ist für alle zugänglich (offen), und planmäßig. Sie ist auch nicht freiberuflicher- wissenschaftlicher- oder künstlerischer Art. Somit handelte V gewerblich im Sinne des § 312 b BGB. V ist somit auch Unternehmer gemäß Â§ 14 I BGB.
Folglich müsste der K Verbraucher sein. Verbraucher im Sinne des § 13 BGB ist jede natürliche Person, die die Rechtsgeschäfte ausschließlich zu privaten Zwecken vornimmt. K hat das Notebook für seinen privaten Gebraucht bestellt. V ist somit gem. § 13 BGB.
Folglich müsste der Kaufvertrag zwischen V und K ausschließlich mit Hilfe von Fernkommunikationsmitteln geschlossen sein.
Gemäß Â§ 312 b II. sind Fernkommunikationsmitteln solche Mitteln die beim Geschäftsabschluss die gleichzeitige Anwesenheit beider Seiten nicht erfordern. Hierzu zählen Mitteln wie: Telefax, Brief, E-Mail. V und K haben den Vertrag mit Hilfe von Internet geschlossen und die Bestätigung ist per E-Mail erfolgt. Damit liegt ein Fernabsatzvertrag vor.
In Vorliegendem Fall liegt also ein Fernabsatzvertrag in dem K durch seine Bestellung im Onlineshop des V ein wirksames Angebot abgegeben könnte.
A hat willentlich ein Notebook zum Preis von 245€ im Shop des V bestellt, er hat also ein Angebot abgegeben. Dieses Angebot erhält auch die notwendigen Bestandteile (essentialia negotii) - die Geschäftspartner K und V, die Bezeichnung der Sache - Notebook und der Preis - 245€ . Dieses Angebot müsste dann seitens von V angenommen werden.
Sie Annahme gemäß Â§ 147 BGB könnte in der ersten Bestätigungsmail von V an K ersichtlich sein. Annahme ist ein bloßes „Ja" zum vorher gemachten Angebot. V hat das Onlineshopsystem zu programmiert, dass beim Kauf der Kunde unmittelbar eine Bestätigung erhielt. Diese E-Mail -Nachrichten wurden zur Beginn der Geschäftstätigkeit von V verfasst und die danach mehrfach zu versenden. In der ersten Mail schrieb jedoch V nur dass das Angebot zugegangen sei (Notebook zum Preis von 245€), und hat nichts von der Annahme des Angebots erwähnt. Somit liegt in der ersten E-Mail keine Annahmeerklärung seitens des V.
Der Inhalt der zweiten E-Mail könnte jedoch als Annahme gelten. Bei der Annahme wie oben geprüft, muss der Vertragspartner das Angebot nur durch bloßes „Ja" annehmen. In der zweiten E-Mail hat V dem K nicht ausdrücklich mitgeteilt - „JA ich nehme dein Angebot an", er hat jedoch mitgeteilt, dass der K in die Kundendatenbank aufgenommen wurde, und dass die Bestellung schnellstmöglich bearbeitet wird. Aus den Umständen ergibt sich hier, dass V das von K gemachte Angebot über Kauf eines Notebooks zum Preis von 245 angenommen hat.
Somit ist eine Annahme gemäß Â§ 147 BGB gegeben.
Ein wirksamer Kaufvertrag liegt vor.