Haptische Technologie bedeutet viel mehr als nur Smartphone Displays zu streichen

Unter der haptischen Technologie oder haptic feedback stellen sich die meisten nur eine leichte Vibration nach dem man eine Taste oder das Display eines Smartphones betätigt hat. Es ist eine Art des Feedbacks, das uns die Interaktion mit dem Gerät erleichtern soll. Wir bekommen eine Rückmeldung, dass die Berührung des Displays tatsächlich registriert wurde. Wenn man etwas tiefer in dieser Thematik grübelt, findet man heraus, dass der Hype um das haptische Feedback noch lange nicht seinen Höhepunkt erreicht hat. Es steckt nämlich noch viel mehr dahinter und das wozu wir jetzt die haptische Technologie nutzen, ist nur der Anfang.

Haptic Feedback bedeutet eigentlich nichts anderes als Berührungssensitivität. Es handelt sich um eine Technologie der Berührung. Ihr Ziel ist ein Stimulus zu erzeugen, der im Gehirn wahrgenommen wird und als eine Interaktion mit dem Gerät identifiziert wird. Die haptische Technologie gehört nicht zu den neusten Errungenschaften der Menschheit, sie hat sich aber in den letzten 10 Jahren unglaublich weiterentwickelt. Haptisches Feedback erhalten vor von einer Vielzahl von Geräten, nicht nur von Smartphones die in der Hand vibrieren.

Was steckt hinter der haptischen Technologie


Es gibt eine Vielzahl von Alternativen die ermöglichen haptisches Feedback zu empfinden, während wir beispielsweise eine Whatsapp Nachricht tippen. Manche Hersteller setzen auf Ultraschal-Vibrationen, andere auf eine dünne Schicht von Elektroden die quasi auf eine Polymerfolie aufgedruckt werden. Das Zweite ist bei den Hopfhörern zu finden. Die meisten Produkte mit haptischem Feedback, die wir heute benutzen, setzen auf einen piezomagnetischen Konverter. Das Frequenzspektrum bei einem Piezo-Magnetsichen Konverter ist um Vielfaches größer, was zu einer hohen Präzision des Feedbacks führt.

Touchdisplays - also berührungsempfindliche Bildschirme, werden heutzutage in fast allen Haushaltsgeräten eingebaut - Waschmaschinen, Trockner, Fernseher, Rasierer, Kühlschränke - die Liste hat kein Ende. Die „Köpfe" oder Flächen die wir berühren, produzieren eine Vibration die unterschiedliche Intensität aufweisen kann - das hängt von der Art der Nutzung und der Bestimmung des Geräts. Ein solches Feedback hilft nicht nur leichter zu erkennen, ob wir die richtige Funktion auf dem Gerät aktiviert haben. Es hilft auch blinden Personen bei der Bedienung von Haushaltsgeräten.

Anwendung des haptischen Feedback

Einer der interessantesten Verwendung von haptischer Technologie ist die Spielkonsole Xbox One, und genauer gesagt der neue Controller (pad) X1. In diesen Steuergeräten wurde eine fortgeschrittene Variante haptischen Rückmeldung eingebaut. Bis vor kurzem informierte ein Controller über ein Geschehen im Spiel nur durch eine Vibration, die in der Intensität und der Dauer reguliert wurde. Die Entwickler hatten also nur zwei Variablen an denen sie arbeiten könnten, um dem Spieler ein mehr oder weniger realistisches Feedback zu gewährleisten. Beim Xbox One Controller X1 die Vibration die wir wahrnehmen, „wandert" quasi über der Oberfläche des Controllers. Dadurch erhöht man eine viel realistischere Rückmeldung vom Spiel.

Ich bin ein großer Fan von Forza Motorsport (eines Rennspiels, oder besser gesagt einer Rennsimulation auf Xbox). Wenn ich in diesem Spiel auf einen Curb (die weiß-rote Streckenführung an jeder Seite der Rennstrecke) mit Rädern der rechten Seite rauffahre, oder aber auf eine andere Unebenheit, dann vibriert nur die Seite des Controllers, auf der sich das Hindernis tatsächlich befand. Bei Xbox 360 war das anders - dort vibrierte einfach er ganze Controller. Bei Ballerspielen ist die Entwicklung des haptischen Feedbacks auch gut zu erkennen. Bei Call of Duty oder anderen First Person Shooters betätigt man mit einem Knopf die Schusswaffe. Dann vibriert nur dieser Knopf (Trigger) am Controller und nicht der komplette Controller.

Die größten Fortschritte der haptischen Technologie sind aber in der Forschung und Medizin zu finden


Der Verwendungsgrad des haptischen Feedback ist in der Forschung und vor allem in der Medizin bei weitem größer, als das bei den Haushaltsgeräten der Fall ist. Berührungssensitive Feedback Rückmeldung wird in der Raumfahrt und Flugzeugen eingesetzt. Bei der Produktion von Exoskeletts spielt Haptic Feedback eine Schlüsselrolle. In der Medizin werden Simulations-Geräte gebaut, die ohne haptisches Feedback nicht denkbar sind. Chirurgen lernen damit zu operieren. Maschinen sind heute in der Lage Widerstand zu simulieren, dem ein Chirurg begegnet, während er eine Punktion oder Gewebe mit einem Skalpell durchdringt.

Auch beim Herstellen von Protesten unterschiedlichster Art wird haptisches Feedback implementiert. Beinprothesen oder Armprothesen werden mit Sensoren ausgestattet, die durch haptisches Feedback dem Patienten ermöglichen, die Welt so wahrzunehmen, als ob er niemals die Glieder verloren hätte.
Handballen und Unterarm verfügen über mehr als 40 Muskeln und 27 Knochen, die die haptischen Eindrücke an das Gehirn weiterleiten. Das in einer Prothese nachzubauen ist eine wahre Herausforderung. Erst wenn das gelingt, erhalten die Patienten ein brauchbares Substitut für amputierte Glieder. Bis dahin bleiben simple Prothesen den Werkzeugen ähnlich die auf den Körper aufgesetzt werden. Sinnreiche Empfindungen der Außenwelt beim Greifen, Werfen, Gegenstände benutzen, bleibt bei solchen Prothesen einfach unberücksichtigt.


Haptische Sensoren in analoger Form

Es gibt auch analoge Formen von haptischen Sensoren die eine verblüffend ähnliche Wirkung haben, wie deren komplizierten, elektronischen Verwandte. Wir erfahren sie jeden Tag an Bahnhöfen, Autobahnen, Straßen und Fußgängerzonen. Es handelt sich um auf der Straße aus einer dicken Schicht Farbe aufgegossene Markierungen - die vor dem Straßenrand waren, wenn man auf sie rauffährt. Beispielsweise beim Verlassen einer Spur. Es gibt auch Straßenmarkierungen, an denen sich blinde Personen orientieren können. Das sind zwar alles passive Einrichtungen, die erst dann wahrgenommen werden, wenn man selbst aktiv wird. Aber sicherlich jeder von Euch kann das Geräusch eines am Hauptbahnhof rollenden Trolleys unmissverständlich zuordnen und mit Urlaub oder einer Reise assoziieren.


Haptisches Feedback im kommerziellen Einsatz


Berührung ist einer der natürlichsten Interaktionsemethoden die von Menschen angewendet werden. Das ist der Grund, warum in vielen Elektronik-Gadgets, die man sich kauft, diese Technologie angewendet wird. Es gibt mittlerweile Uhren, die mit einer Vibration den Herzschlag des Partners übertragen, die auch eine solche Uhr trägt und beide Personen miteinander verknüpft sind. Apple hat diese Anwendung auch erkannt und sie in der Apple Watch auch eingesetzt.

Mit dem Neuen Trackpad (Force Touch) von Apple wird die haptic Technologie weiter entwickelt und zeigt, was noch alles möglich ist. In der Zukunft wird es nicht mehr nur die Vibration ein und aus geben. Sondern viele weitere Variablen, die ein breites Spektrum an Interaktionen ermöglichen. Intensität, Geschwindigkeit, Multitouch Funktionalität - es sind viele Varianten denkbar.

Deshalb benannte Apple die Technologie nicht mehr haptic sondern tactic - eine Zusammensetzung von Begriffen „tactile" und „haptic"

Es gibt sogar total abgefahrene Sachen: eine Prothese zum Küssen aus Entfernung. Nennt sich Kissinger (von Kiss Messenger). Es ist ein kleiner Roboter der durch Vibration das Küssen simuliert. Der Clou dabei - zwei Leute haben das Gerät bei sich zu Hause und knutschen damit rum, der Kuss Wird von dem Gerät des einen Partners zum Gerät des anderen Partners. Verrückte Sache - kling nach einer japanischen Erfindung - ist es auch ;) Vertrieben wird das Kuss-Gerat von Lovotics.

Die ganze Anwendungspalette von haptischen oder taktilen Technologien ist so breit, dass sie nicht auf einer Seite vorgestellt werden kann. Was aber die kommerziellen Produkte angeht, kann ich zugeben, dass die Entwicklung von haptischen Feedback überraschend gute Ergebnisse zeigt. Ich freue mich auf mehr.