Aristoteles, Kategorienschrift

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Der Terminus „Kategorie" bedeutet in seinem griechischen Ursprung wörtlich „Anklage". Im Sinne von Art und Weise des Aussagens wurde der Begriff von Aristoteles aus der Gerichtssprache in die philosophische Diskussion übernommen und zur Grundlage einer Theorie gemacht.

Was ist ein Kategoriensystem? Kategorien sind Aussageweisen in dem Sinne, dass sie Aussagen als Antworten auf bestimmte Leitfragen an Gegenstände X typisieren (oder eben „kategorisieren"). „Wie beschaffen ist X?" und „Wo ist X?" sind Beispiele für solche Leitfragen; deren mögliche Antworten: „X ist weiß" und „X ist auf dem Marktplatz" sagen die Qualität bzw. den Ort von X aus, und das sind Arten und Weisen, etwas auszusagen. Ein Kategoriensystem ist dann ein System solcher Leitfragen, von denen jede einer Kategorie zugeordnet ist. Qualität und Ort sind Kategorien des Aristoteles, und ihre Bestimmung antwortet auf die standardmäßig formulierten Leitfragen „Was ist die Qualität von X?" bzw. „Was ist der Ort von X?" - Mit der Aufstellung eines Kategoriensystems sind zwei Behauptungen verbunden: 1. Jeder Gegenstand (jedes „Seiende") X antwortet auf jede der kategorialen Leitfragen, d.h.: X hat eine Qualität, einen Ort usw. (Man sagt dafür auch ungenau: „X fällt unter die jeweilige Kategorie"). Diese Behauptung ist ontologischer Natur. 2. Die (gemäß 1. immer mögliche) Beantwortung der kategorialen Leitfragen stiftet erkenntnismäßige Ordnung und Einheit in der unbestimmten Vielheit des Seienden. Dies ist eine epistemologische Behauptung.


In unserer Seminarschrift hat Aristoteles die erste ausgearbeitete Kategorienlehre in der Geschichte der Philosophie vorgelegt. Es handelt sich um eine für die Erkenntnistheorie und die Ontologie grundlegende Abhandlung. Der Text soll - nach jeweiliger häuslicher Vorbereitung - im Seminar Absatz für Absatz gemeinsam gelesen und erörtert werden. Griechischkenntnisse sind förderlich, nicht jedoch erforderlich.

Literatur:
Seminartext ist: Aristoteles, Die Kategorien. Griechisch / Deutsch. Übers. u. hrsg. von I.W. Rath (Reclam UB Nr. 9706).
Zur Vertiefung empfohlen wird der Kommentar von J. L. Ackrill in: Aristotle's Categories and De Interpretatione. Translated with Notes by J. L. Ackrill. Oxford. At the Clarendon Press 1963. Reprinted 1985.

Wer noch mehr über die Kategorien und die Kategorienlehre lernen möchte, soll folgende Veranstlatung in seinem Stundenplan eintragen:

Was sind Kategorien?

Kategorien sind die grundlegenden und in gewissem Sinne „allgemeinsten" Begriffe, in denen wir über die Wirklichkeit nachdenken und in denen die Wirklichkeit selbst auch organisiert ist. Welche und wie viele Kategorien es genau gibt, versuchen Philosophen in der Regel durch eine Analyse der sprachlichen und logischen Struktur unserer verschiedenen Formen von Aussagen über die Welt herauszuarbeiten. In der philosophischen Beschäftigung mit Kategorien rückt deshalb ein grundlegender Zusammenhang zwischen Logik, Sprachphilosophie und Ontologie in den Mittelpunkt. Nach den Ansätzen in den späten platonischen Dialogen und der Ausarbeitung bei Aristoteles ist die Kategorientheorie in einer spezifisch transzendentalphilosophischen Wendung bei Kant und Hegel, später im Neukantianismus und bei Husserl wiederaufgenommen worden. In der neueren und gegenwärtigen Philosophie werden Kategorientheorien sowohl im Rückgriff auf Kant (Strawson) als auch im Rückgriff auf Aristoteles (Chisholm) vertreten. Im Zentrum der Seminararbeit wird zunächst die genaue Auseinandersetzung mit dem kantischen Kategorienkonzept in der Kritik der reinen Vernunft stehen. In geeigneten Erweiterungen werden wir dann alternative Kategorientheorien und die aktuellen Fortsetzungen hinzuziehen.

Literatur:
Kant, Kritik der reinen Vernunft (Meiner oder Suhrkamp).
Sebastian Rödl, Kategorien des Zeitlichen, Frankfurt/M. 2005.
Zur ersten Orientierung: Amie L. Thomasson, Artikel „Categories", Stanford Encyclopedia of Philosophy, http://plato.stanford.edu/entries/categories/.

Anforderungen:
Studienleistung nach Maßgabe der Dozenten, Quelle: PD Dr. Guido Kreis