Klassiker des Deutschunterrichts: Faust und seine Verwandten

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Wie liest man ... einen Klassiker des Kanons, der von der Vielzahl der Kommentare und Interpretationen verdeckt scheint? Wer möchte, dass Jugendliche als Leser und Zuschauer einen eigenen Zugang zu dem Werk finden, muss zunächst die Rezeption des Textes organisieren und betreuen - und zwar im Wortlaut und ästhetischer Eigenheit. Dazu wird hier eine zweistufige Lektüre vorgeschlagen, die sich an der Genese des Dramas orientiert. Ausgehend von dem Bestand der Szenen der frühen Fassung des Werkes (dem sog. »Urfaust«, 1772-1775), wird die Gelehrten- und die Gretchen-Handlung verfolgt und in ihren dramaturgischen Besonderheiten erfasst. Die »neuen« Szenen der Fassungen des Fragments von 1790 bzw. von »Faust.

Der Tragödie erster Teil« von 1808 werden dann in einer funktionalen Lektüre aufgenommen. Welche »Lücken« der frühen Fassung in der Handlung und der Motivierung des Geschehens gefüllt und welche weiteren Bedeutungen sich durch diese Szenen ergeben, bilden die Leitfragen in dieser Phase der Rezeption. Dort erscheint Faust in seiner Ambivalenz und Widersprüchlichkeit als Repräsentant des neuzeitlichen und modernen Menschen in einem literarischen Arrangement, das einem experimentellen Erspielen und Erproben existenzieller Fragen entspricht. Das entwickelte Wissen und Können zur Beschreibung der literarischen Strukturen mit ihren besonderen ästhetischen Wirkungen wird in einem Lernauftrag zur Arbeit in einer ‚Faust'-Werkstatt im Rahmen einer Kompakt-Veranstaltung am Ende des Semesters eingesetzt, um ausgewählte Szenen in einer eigenen Inszenierung zu bearbeiten. Faust-Dichtungen von J.W. Goethe: Texte; Kommentar 1; Kommentar 2 hrsg. von Ulrich Gaier, Stuttgart 1999

FB 02 Institut für Germanistik Uni Kassel WiSe 2014/15 Deutsch Zweitfach Dr. Fehr Wolfgang