Soziologische Theorie Luhmann und Latour

  • Veröffentlicht am
  • by
  • auf

Wichtig: Die konstituierende erste Sitzung findet am Donnerstag (17.04., 14-16 Uhr, Arnold-Bode 10 - Raum 0104) statt (danach wie im Plan angegeben jeweils montags). Diese Sitzung ist zentral; bitte bei Terminschwierigkeiten frühzeitig Bescheid geben. Die Geburt der Soziologie im 19. Jahrhundert ist eng verknüpft mit der Frage nach »der Gesellschaft«. Doch was ist damit gemeint und was muss man darunter verstehen, wenn die Soziologie dem Wortsinn nach die »Lehre von der Gesellschaft« ist? Betreibt und studiert man Soziologie, ist man mehr als in anderen Fächern mit dem Problem konfrontiert, den genauen Gegenstandsbereich des eigenen Faches zu bestimmen. Um über »die Gesellschaft« zu forschen, bedarf es daher immer auch theoretischer Grundannahmen darüber, was der Gegenstandsbereich der Soziologie ist (in Abgrenzung etwa zu anderen Fächern) und was die Soziologie erklären soll oder kann.

Diese Fragen verweisen auf die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit soziologischer Theorie, die im Seminar exemplarisch an zwei Autoren stattfinden soll. Die Veranstaltung ist dabei konzipiert als intensives Lektüreseminar, das zwei bedeutende soziologische Theoriepositionen vorstellen, diskutieren und kritisch reflektieren will, darüber hinaus gleichzeitig aber auch einen Einblick in die soziologische Theoriebildung im Allgemeinen liefern möchte. Die Veranstaltung will also einerseits in die zentralen Annahmen und Theorien beider Autoren einführen und zugleich an diesen beiden Autoren die Argumentationsweise und den Gegenstandsbereich soziologischen Denkens verdeutlichen. Das Ziel ist es dabei, den ersten Umgang mit der Argumentationsweise und dem Gegenstandsbereich soziologischer Theorie zu erleichtern und die spezifische Fragerichtung soziologischen Denkens zu verdeutlichen und -einzuüben-. Im Zentrum des Seminars stehen dazu die Systemtheorie Niklas Luhmanns und die Akteur-Netzwerk Theorie Bruno Latours. Beide Theoretiker haben ein ehrgeiziges Programm ausgearbeitet, die Moderne radikal neu zu deuten. Gleichzeitig fordern sie damit unser Alltagsdenken wie nur wenige andere Denker heraus. Aus soziologischer Perspektive ist dies zweifelsohne erhellend, denn mit der vergleichenden Analyse lässt sich eine Aussichtsplattform für alle weiteren Theoretiker aufbauen. In ihrer Ausrichtung liegen die Autoren einander nämlich diametral gegenüber: Für Luhmann muss ‚das Soziale' in klaren Grenzen betrachtet werden, nur dann gelingt eine angemessene Analyse unser hochkomplexen Welt; Latour hingegen verflucht dieses reduzierte ‚Soziale' als klägliche theoretische Fiktion, die uns an der Analyse der Komplexität hindert. Bei Luhmann stehen die Hauptwerke -Soziale Systeme- und -Gesellschaft der Gesellschaft- im Fokus des Seminars (natürlich nur Bruchteile daraus), angereichert durch Ausschnitte aus spezifischen Systemstudien, z.B. aus der kritischen Reflektion über -Ökologische Kommunikation-. Im Zuge der Lektüre von Latour lesen wir sowohl seine Zeitdiagnose -Wir sind nie modern gewesen-, das theoretische Überblickswerk -Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft- (wiederum beides nur in Ausschniten) wie auch ausgewählte Abhandlungen, in denen mit kontroversen empirischen Beobachtungen gearbeitet wird (z.B. im Zuge der Studie über Louis Pasteur und der spannenden Durchsetzung der -Pasteurization-). Neben den theoretischen Grundbegriffen steht aber auch die Aktualität der Autoren im Vordergrund, die mit der reflektierten Analyse öffentlicher Geschehnisse kreativ erörtert werden soll. Zum Seminar gehört auch ein Tutorium, dass freitags von 10-12 Uhr stattfinden soll. (Weitere Informationen folgen zur konstituierenden Sitzung) Anforderungen und Literatur Wichtige Voraussetzung der Teilnahme am Seminar ist die Bereitschaft, sich mit schwierigen Texten differenziert auseinanderzusetzen, diese für die Sitzungen vorzubereiten und aktiv zu den Diskussionen im Seminar beizutragen. Der genaue inhaltliche Plan und die zu lesenden Texte werden in der ersten Seminarsitzung (17.04.) vorgestellt. Zur Vorbereitung und allgemeinen Einführung in den Gegenstandsbereich der soziologischen Theorie sind empfohlen: • Hans Joas/ Wolfgang Knöbl: Sozialtheorie. 20 einführende Vorlesungen, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2004 (2. Aufl.). • Hartmut Rosa/ David Strecker/ Andrea Kottmann: Soziologische Theorien, Konstanz: UVK, 2013 (2. Aufl.). • Peter Wagner: Soziologie der Moderne, Frankfurt/NY: Campus, 1995. • Lars Gertenbach/ Heike Kahlert/ Stefan Kaufmann/ Hartmut Rosa/ Christine Weinbach: Soziologische Theorien, Stuttgart: UTB (Fink), 2009.

FB 05 Gesellschaftswissenschaften Uni Kassel SoSe 2014 Soziologie HF Laser Stefan