Varietätenlinguistik des Französischen

Dass Sprache keine monolithische Einheit darstellt, gehört zu den Grundeinsichten der Linguistik. Vielmehr ist die Vielfalt z.B. der im Alltag gewählten Sprachregister eine unserer täglichen Grunderfahrungen. Dies trifft auf das Deutsche im gleichen Maße zu wie auf das Französische. Die soziale, zeitliche, situationsabhängige und geographische Variation ist ein Grundmerkmal einer jeden Einzelsprache, sie zu analysieren Aufgabe der Varietätenlinguistik.

Ziel des Seminars ist die Gewinnung eines ersten Überblicks über das Varietätenkontinuum des Französischen, die Kenntnis verschiedener Klassifikationsmodelle sowie eine exemplarische Einübung in die Analyse der verschiedenen Varietäten. Anhand unterschiedlichster Textsorten und - für die diatopische Variation - der französischen Sprachatlanten sollen typische Merkmale einzelner Varietäten erschlossen werden. Dabei werden phonetische, morpho-syntaktische und lexikalische Kriterien berücksichtigt. Im Zentrum der Seminararbeit stehen empirische Analysen ausgewählter Kommunikationsbereiche. In welchem Maße lassen sich etwa verschiedene Varietäten erkennen; wie wird sprachliche Variation z.B. in Filmdialogen inszeniert? Welche Merkmale zeichnen bestimmte Dialektlandschaften des Französischen aus? Zudem wird auch die Frage nach der normativen Bewertung verschiedener Varietäten des Französischen im Seminar thematisiert. Bedingungen für einen qualifizierten Leistungsnachweis sind regelmäßige Teilnahme, die Übernahme eines Referats sowie die Erstellung einer eigenständigen wissenschaftlichen Hausarbeit.

Literatur:

Einführende Lektüre: Ammon, Ulrich (1987): "Zu den Begriffen 'standardsprachliches Sprachzeichen', Standardvarietät' und 'Standardsprache', in: Zeitschrift für Phonetik, Sprachwissenschaft und Kommunikationsforschung 40: 305-316. Klein, Wolfgang (1976): "Sprachliche Variation", in: Studium Linguistik 1: 29-46. Koch, Peter/Oesterreicher, Wulf (1985): „Sprache der Nähe - Sprache der Distanz. Mündlichkeit und Schriftlichkeit im Spannungsfeld von Sprachtheorie und Sprachgeschichte", in: Romanistisches Jahrbuch 36, 15-43. Koch, Peter / Oesterreicher, Wulf (1990): Gesprochene Sprache in der Romania: Französisch, Italienisch, Spanisch (= Romanistische Arbeitshefte 31). Tübingen. Oesterreicher, Wulf (1988): "Sprechtätigkeit, Einzelsprache, Diskurs und vier Dimensionen der Sprachvarietät", in: Albrecht, Jörn / Lüdtke, Jens / Thun, Harald (eds.): Energeia und Ergon. Sprachliche Variation, Sprachgeschichte,Sprachtypologie. Studia in honorem E. Coseriu, Bd. I. Tübingen: Narr. 355-86. Prüßmann-Zemper, Helga (1990), „Französisch: Varietätenlinguistik", in: Holtus/Metzeltin/Schmitt (edd.), Lexikon der romanistischen Linguistik V,1, 830-843. Radtke, Edgar (2003): "Gesprochenes Französisch", in: Kolboom, Ingo / Kotschi, Thomas / Reichel, Edward (edd.): Handbuch Französisch. Sprache - Literatur - Kultur - Gesellschaft. Für Studium, Lehre, Praxis. Berlin, 92-98. Wandruszka, Mario (1982), "Variation, Variable, Variabilität, Variante, Varietät", in: Heinz, Sieglinde/Wandruszka, Ulrich (edd.), Fakten und Theorien. Beiträge zur romanischen und allgemeinen Sprachwissenschaft. Festschrift für Helmut Stimm zum 65. Geburtstag, Tübingen, 335-342.