Wunder Beweise und Tatsachen Wissenschaft und Philosophie

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Wissen Sie, wie einem griechischen Mythos zufolge Athene, die Göttin der Weisheit und Vernunft, auf die Welt kam? Sie entstieg erwachsen(!), in voller Rüstung(!) dem Haupt(!) ihres Vaters Zeus. Athene ist vom Augenblick ihrer (Kopf-)Geburt an vollendet und unsterblich, hat keine Kindheit, keine Jugend, bedarf keiner Erziehung und bleibt stets unverändert. Mit Wittgenstein lässt sich hier fragen, ob uns noch immer ein Bild gefangen hält, jenes nämlich, der unveränderlichen, überzeitlichen und universellen Vernunft.

Der Titel -Wunder, Beweise und Tatsachen- ist einem Aufsatzband der amerikanischen Wissenschaftshistorikerin Lorraine Daston entliehen, in welchem sie die Geschichte der Rationalität darstellt. Geschichte der Rationalität? Dass ‚Rationalität', ‚Erkenntnis', ‚Objektivität', ‚Evidenz' oder ‚Tatsachen' eine Geschichte haben könnten und ihnen nicht überzeitliche und universelle Gültigkeit zukommt - wie es das Bild der Athene suggeriert -, erscheint zumindest aus der Sicht eines -Aufklärungsoptimisten- (John Searle) kontraintuitiv. In dem sowohl für Anfänger als auch für fortgeschrittene Studierende zugänglichen Seminar werden wir der Frage nachgehen, in welchem Sinne etwa ‚Objektivität' eine Geschichte haben kann, welche Rolle das ‚wissenschaftliche Objekt' beim Erkenntnisgewinn spielt und was dies wiederum für unser wissenschaftliches (und alltägliches) Verständnis von ‚Wissen', ‚Tatsachen' und ‚Objektivität' bedeutet. Anhand einer Auswahl verschiedener Texte des 20. Jahrhunderts (u.a. Lorraine Daston, Ludwik Fleck, Bruno Latour) werden wir gemeinsam die erwähnten Begriffe hinterfragen und problematisieren.

Die Literatur wird zu Beginn des Seminars in einem Reader zusammengestellt vorliegen. Einen Einblick in die Thematik bietet Lorraine Daston: Wunder, Beweise Tatsachen. Zur Geschichte der Rationalität. Frankfurt am Main: Fischer Verlag 2001. FB 02 Institut für Philosophie Uni Kassel WiSe 2013/14 Philosophie Böhnert Martin