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Wie lesen Menschen?

Veröffentlicht am: in der Kategorie: Gehirn und Neurologie

Beschreibung des Leseprozesses: wie läuft das Lesen im Gehirn ab und was muss man tun, um einer Maschine bzw. einem Computer das Lesen beizubringen - wird hier beschriben.

Das menschliche Gehirn ist ein meisterhaftes Werkzeug, das Signale der Außenwelt interpretiert. Diese Interpretation geschieht auf unterschiedlichen Wegen. In der westlichen Welt gelten folgende sinesthetische Kanäle als anerkannte Sinne: auditiv, visuell, haptisch-taktil, olfaktorisch, gustatorisch,

In weiteren Kulturen, beispielsweise in der östlichen Welt und in manchen afrikanischen Ländern spielen vestibulär Sinn oder die Fähigkeit sich mit einem Menschen verbunden zu fühlen, eine viel wichtigere Rolle, als die oben aufgeführten 5 Sinne der westlichen Welt.

Visuelles Lesen

Unabhängig von der Herkunft, Kultur und Kontinent, haben alle Sinnes-Kanäle folgende Eigenschaft gemeinsam: jede Sinnesempfindung geht mit Mustererkennung einher. Die Möglichkeit mit Sinnen zu empfinden ergibt sich erst aus der eine komplexen Mustererkennung, auf das unser Gehirn spezialisiert ist.

Dabei werden Reize von der Außenwelt über dafür spezialisierte sensorische „Füller" wahrgenommen, in einzelne Muster aufgeteilt, klassifiziert und folglich als beispielsweise angenehm, unangenehm, bedrohlich oder aber Geborgenheit spendend, empfunden. Die sensorischen Systeme scheinen nach gleichem, drei stufigen Schema aufgebaut zu sein: spezialisierte Zellen nehmen die Reize von der Aussenwelt wahr, leiten sie zu den Neuronen im Gehirn weiter, und im dritten Schritt werden die Signale im Gehirn Interpretiert. Bei auditiven Reizen werden die Schallwellen über die Knöcheln im Gehörgang weiter zum auditiven Zentrum im Gehirn weiter geleitet. Bei haptischen, olfaktorischen, und gustatorischen Reizen erfolgt die Weiterleitung ähnlich - nur mit anderen, dafür spezialisierten Füllern, und anderen dafür spezialisierten Gehirnarealen.

Jedoch im Falle der visuellen Wahrnehmung scheint der Empfindungsweg um eine Stufe verkürzter zu sein - anstatt in 3 Stufen, scheint die Wahrnehmung in zwei Stufen zu erfolgen. Die visuellen Signale werden direkt von den spezialisierten Nervenzellen im Augapfel, den Bipolarzellen, Ganglienzellen, Stäbchen und den Zapfen wahrgenommen, in das visuelle Zentrum im Gehirn weitergeleitet. Dieses befindet sich im Okzipital-Lapen, also im Hinterkopf und dort findet die Interpretation der Muster statt.

Die visuelle Wahrnehmung erfolgt somit über die in den Augen ausgelagerte, neuronale Zellen. Wir sehen sozusagen mit dem Gehirn und nicht mit den Augen. Ist das System der visuellen Wahrnehmung durch Eingriffe von Außen oder durch genetische Fehlentwicklung gestört, so ist keine Wahrnehmung der visuellen Reize mehr möglich.

Das Lesen im Detail

Im ersten Teil dieser Ausarbeitung wurde erläutert, wie das menschliche Gehirn den Leseprozess bewerkstelligt. Eine genauere Analyse führt zu einem überraschenden Ergebnis.

Die visuellen Signale, die durch die Pupille und die Linse, auf die Netzhaut projiziert werden, treffen auf Ganglienzellen, Bipolarzellen und schließlich auf Stäbchen und Zapfen. Die letzteren Zellen sind spezielle Neuronen, die die Signale an die Netzwerke im Gehirn, überwiegend im visuellen Kortex, liefern.
Ein auf dem Blattpapier aufgedruckter Buchstabe A wird dort nicht als A direkt interpretiert, sondern wegen dem optischen Chiasmus - das linke Auge liefert nur ein Teil des Bildes und das rechte Auge einen weiteren Teil - kommt es zu einer Zusammensetzung des Bildes. Aus dem Grund, dass viele verschiedene neuronale Netzwerke in den Erkennungsprozess involviert sind, ergibt sich die Schlussfolgerung, dass es zu einer weiteren Konsolidation der wahrgenommenen Teile kommt bis der Buchstabe als A interpretiert wird.


Dabei feuern die Neuronen, die für die erkannten Muster zuständig sind. Was im Detail bedeutet - für die Erkennung eines waagerechten Striches sind andere Zellen verantwortlich, als für die Erkennung eines senkrechten Striches. Beim Lesen, sowie beim betrachten komplexerer Bilder arbeiten die neuronalen Netzwerken zusammen um aus Teilen ein Ganzes zu rekonstruieren.

Bricht man diesen Prozess bis auf die kleinsten Elemente herunter, gelangt man die die Ebene der einzelnen Neuronen. Die neuronalen Zellen übermitteln keine Information. Sie kennen nur zwei Zustände: einen aktiven - in dem ein Neuron „feuert" also mit einer weiteren Zelle kommuniziert, und einen passiven, in dem die Zelle inaktiv ist. Das Zusammenspiel unzähliger Neuronen miteinander führt zur Netzwerkbildung. Das Prinzip, das in der Wissenschaft unter dem Begriff hebbsche Lernregel bekannt ist, lautet: „Neurons that fire together, wire together". Die einzelnen Neuronen verbinden sich auf diese Weise miteinander in Netze. Diese Netze wiederum arrangieren sich auch untereinander, so dass erst auf der zweiten (Netzwerk-Ebene) zur Mustern von miteinander kommunizierenden Netzwerken kommt. Wir erkennen also einen Buchstaben erst dann als A, wenn im Gehirn die Aktivität von hunderten Netzwerken, bestehend aus tausenden Zellen eine erfolgreiche Interpretation der Signale bewerkstelligt haben.

Das Lesen von gedrucktem Text, oder von Text in digitaler Form, basiert ausschließlich auf visueller Wahrnehmung. Der aktuelle Stand der Technik ermöglicht zwar das Hören von digitalisierten Texten, er ermöglich aber nicht das Hören von gedruckten Materialien. Diese müssen erst digitalisiert werden.
Die Technologie gedruckten Text für Maschinen lesbar zu machen trägt den Namen OCR - Optical Caracter Recognition und wurde seit den 30-er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts kontinuierlich weiterentwickelt.

Im nächsten Teil beschreibe ich: wie lesen Maschinen, bzw. Computer. Diese Beschreibung hier oben soll den Leseprozess der im menschlichen Gehirn erfolgt, auf einzelne Schritte zerlegt werden. Daraus kann man nämlich ableiten, wie ein Computer programmiert werden soll, damit er gedruckten Text lesen kann.